
Die zweitwichtigste Frau in meinem Leben war jünger als ich, Carla, die ich Carla Aulaulu nannte und mit der ich meine Filmkarriere begann. Ich lernte sie Anfang oder Mitte der sechziger Jahre in Berlin kennen. Ich war auf die Kunsthochschule gegangen, um Malerei zu studieren, gleichzeitig schrieb ich poetische Geschichten von ermordeten Königen und liebte alles Verrückte und Abseitige. Ich sammelte um mich herum wilde schwule Männer und exzentrische Frauen. Carla war die Verrückteste, klaute sich mit ihrer Freundin Drogen aus dem Botanischen Garten, schneiderte sich die wildesten Outfits und tanzte mit mir die Nächte in Schwulenbars durch. Ich bat meine Freundin, die Fotografin Elfi Mikesch, von Carla Fotos zu machen, aus denen später 1968 das Fotobuch Oh Muvie entstand. Carla war klein, nicht besonders schlank, aber wollte unbedingt die erotischste Frau der Welt sein. Ihre Parodien begeisterten uns alle. Bald wurde sie durch meine ersten Kurzfilme eine Kultfigur im deutschen Underground und 1969 heirateten wir.
Die Hochzeitsnacht war kurios, weil ich sie mit jemand anderem, einem Mann verbrachte und Carla hohes Fieber bekam. Danach haben wir uns nie wieder gesehen, sie ging nach München, machte mit Fassbinder Theater und Film und verliebte sich dann in einen unbegabten Regisseur, der auf ihre Vergangenheit eifersüchtig war, und sie versank immer mehr in Vergessenheit.
Carla war wild, frech, eine Comicfigur, hatte eine unbändige Fantasie und regte mich zu meinen ersten Filmen an. 1969 entstand Von Rosa von Praunheim, in dem Carla ein Dienstmädchen spielte, zu Füßen von drei großen Frauen, die sie unterdrückten. Dazu sangen Carla und ich in verschiedenen Sprachen. Mit unserem zweiten Film Rosa Arbeiter auf goldener Straße gewannen wir Preise und kamen auf das Cover eines großen Filmmagazins. Meine Karriere begann.
Leider habe ich keinen Kontakt mehr zu Carla, als ich sie im letzten Jahr anrief, legte sie den Hörer auf. Man sagt, dass sie ein Kind hat und von der Sozialhilfe lebt, und sie soll Gedichte schreiben. Ihre starke Persönlichkeit hat meine Filmkarriere geprägt, sie hat mich an- und aufgeregt wie kaum eine andere Frau.
Dann kam meine Tante Luzi Kryn, mit der ich 1969 erst Schwestern der Revolution drehte und dann die unvergessliche Bettwurst. Über Luzi berichte ich an anderer Stelle auf meiner Webside ausführlicher.

Ich liebte ihren Berliner Humor. Evelyn war 20 Jahre älter, war dick und versoffen, als ich sie kennenlernte. Die Presse schrieb: „Sie trank mehr als sie sang“ und ihre Karriere war vorbei. Wir waren fasziniert voneinander. Evelyn machte alles, um wieder ins Rampenlicht zu kommen. In meinem Film Axel von Auersperg spielte sie einen Bischof, der einen lateinischen Blues sang. Das ZDF zensierte die Szenen mit Evelyn, immerhin 30 Minuten und sendete den Film später völlig verstümmelt. Der Presseskandal, der daraus enstand, verhalf Evelyn zu einem Comeback.
Dann setzte Evelyn in die Zeitung, dass sie sich mit mir verloben wolle, ich hatte keine Ahnung davon, also entlobten wir uns öffentlich, um uns dann ein Jahr später erneut zu verloben. Das Spiel mit der Presse begann auch mir Spaß zu machen. Ich drehte 1976 ihre Lebensgeschichte unter dem Titel Ich bin ein Antistar. Die Arbeit mit ihr war schwierig, oft war sie sehr zickig, aber immer wieder gelang es ihr, mich mit ihrem unbändigen Humor und ihren Verrücktheiten zu faszinieren. Bis zu ihrem Tod blieben wir befreundet.



Lotti Huber traf ich 1980 durch einen Journalistenfreund in Berlin. Dieser kleinen dicken Person mit der Energie einer Atombombe konnten nur wenige widerstehen. Unser erster gemeinsamer Film Unsere Leichen leben noch wurde ein großer Erfolg. Da wir in der gleichen Straße in Berlin lebten, sahen wir uns sehr oft, manchmal täglich und wir dachten uns immer neue Filmstoffe aus.
Lotti war ungeheuer fantasievoll, und sehr, sehr witzig. Ich wollte tausend Filme mit ihr machen, aber es wurden nur vier: In Horror vacui spielte sie eine Sektenchefin, in Anita, Tänze des Lasters einen Sexstar aus den zwanziger Jahren, und in Affengeil, unserem letzten Film von 1990 spielte sie ihr Leben.
Die Freundschaft zu Lotti war sehr, sehr intensiv. Wir tanzten gemeinsam auf der Bühne des Renaissancetheaters in Berlin, ich regte sie an, ihre Memoiren zu schreiben, die zum Bestseller wurden. Auf unseren vielen gemeinsamen Reisen zu Filmpremieren entwickelten wir Lottis Lifeshow, die sie bis zu ihrem Tode auf vielen Bühnen in ganz Deutschland zeigte. Lotti hatte das Glück mit unseren Filmen immer berühmter zu werden und wurde somit von mir unabhängig.
Ich wandte mich anderen Themen zu, hatte in der Aidskrise genug zu tun, meine Freunde aufzuklären, sie zu beerdigen und sie mit meinem Outing von schwulen Prominenten aufzurütteln.
Lotti und ich verloren uns nicht aus den Augen, aber unsere Beziehung wurde distanzierter, so dass ich nicht richtig trauern konnte, als sie Ende der 90er Jahre starb. Ich erschien mit einem großen weißen Cowboyhut auf der großen Beerdigung mit der Aufschrift „Ich liebe Dich“.
Nach Lotti kommt meine geliebte Mutter, mit der ich immer näher zusammenrückte, die 14 Jahre bei mir in meiner großen Berliner Wohnung wohnte. Meine Mutter spielt in einigen von meinen Filmen mit. 1976 in dem Film 24. Stock dann in Neurosia von 1995. Trotz ihrer bürgerlichen Erziehung war sie immer tolerant, sie liebte mich ohne mich zu verstehen, für mich die höchste Form der Liebe. Sie ertrug meine Exzentrik. Sagte sie doch einmal, dass sie schon zwei Weltkriege ertragen hätte und ich wäre der Dritte. Im September 2003 verstarb sie beim Schachspiel in meiner Wohnung. Ich trauere bis heute um sie, besuche regelmäßig ihr Grab. Im Jahre 2000 hatte sie mir offenbart, dass ich nicht ihr Sohn sei, sie hätte mich 1942 in einem Kinderheim in Riga gefunden, mehr sagte sie nicht.
Nach ihrem Tode entschloss ich mich auf, die Suche nach meinen leiblichen Eltern zu gehen. Der Film „Meine Mütter“, der daraus entstand, schildert die spannende Suche nach meiner Vergangenheit. Er kam 2008 ins Kino und gilt bei vielen als mein bester Film. Er ist eine Liebeserklärung an meine Mütter.
Eine Ersatzmutter fand ich bald in Helene Schwarz, die seit über 40 Jahren an der deutschen Filmakademie in Berlin arbeitet und die als die Muse des deutschen Films gilt. Ihr widmete ich den Film Wer ist Helene Schwarz (2005).
Eine andere Frau, das ganze Gegenteil zu der liebevollen Helene, ist Ellen Reichardt, die in meinen Filmen Mit Olga auf der Wolga und Sechs tote Studenten (2007) die Hauptrolle spielt. Eine egozentrische, schwierige, aber wunderbar fantasievolle, verrückte Frau.
Und schon wieder habe ich ein Auge auf mehrere ältere Damen geworfen, auch wenn ich schon selbst ins Alter komme. Im Oktober 2008 machte ich für meinen Film Rosas Höllenfahrt ein Interview mit der charmanten und intelligenten Theologin Uta Ranke-Heinemann. Ich habe mich sofort in sie verliebt ...